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IT-Weiterbildung Die Neuordnung der IT-Weiterbildung
1. Ausgangssituation Eine Reform der IT- Weiterbildung wurde gegen Ende der 90er Jahre durch verschiedene Umstände dringend erforderlich. Neben der Bekämpfung des Fachkräftemangels bestand die Notwendigkeit der Schaffung von Anschlusswegen für die Absolventen der IT- Berufsausbildung. Betriebliche Personalentwicklung im IT-Bereich wird immer wichtiger, um den Absolventen einer betrieblichen Ausbildung in den neuen IT-Berufen Karrierewege in der IT-Branche zu eröffnen. Zudem benötigten Arbeitssuchende in den neuen IT- Beschäftigungsfeldern Orientierungshilfen. Eine innovativere und flexiblerer Neugestaltung der IT-Weiterbildung ist vor allem auch für die IT-Beschäftigten selbst von zentraler Bedeutung, denn sie müssen nicht nur in die IT-Welt hinein, sondern hier auch kontinuierlich weiterqualifiziert werden, um sich in dieser von schnellen, technologischen Wandel geprägten Branche langfristig zu etablieren. Weiterbildung im IT-Bereich kann keine Anpassungsqualifizierung an aktuelle Produktentwicklungen sein. Sie muss dem Aufbau von Schlüsselqualifikationen wie Prozesskompetenz, Problemlösefähigkeit und Selbstlernkompetenz, welche IT-Profis dazu befähigen, Produktneuerungen und technischen Umstellungen ohne großen Qualifizierungsaufwand zu bewältigen, zur Aufgabe haben. 2. Sozialpartnervereinbarung zur Neuordnung der IT- Weiterbildung Auf Initiative der Sozialpartner (ZVEI, IG Metall, Verdi und BITKOM) hat die Bundesregierung 1999 die Entwicklung eines Weiterbildungssystems für eine gezielte betriebliche Personalentwicklung in der IT-Branche eingeleitet. Im Frühjahr 1999 vereinbarten die Sozialpartner "Markierungspunkte zur Neuordnung der IT-Weiterbildung". Sie wurden zur inhaltlichen Plattform für die Vereinbarung zum Aufbau eine IT-spezifischen Weiterbildungssystems im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) erarbeitete in Zusammenarbeit mit Experten der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite eine Struktur und einen Ordnungsrahmen für das System. Das Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik (ISST) ist mit dem Umsetzungsprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (bmb+f) beauftragt und begleitete die Entwicklung des neuen IT- Weiterbildungssystems. Das APO- Projekt "Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung in der IT- Branche" des ISST startete im Januar 2000 und entwickelt seitdem fachlich, methodisch-didaktische und technische Umsetzungshilfen. An der Entwicklung sind ebenfalls das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE), Gesellschaft für Ausbildungsforschung und Berufsentwicklung (GAB) sowie Experten aus der betrieblichen Praxis beteiligt. Ein Lenkungsausschuss mit Vertretern der die Neugestaltung der IT-Weiterbildung tragenden Institutionen hat das Projekt von Beginn an begleitet und die Verzahnung mit der Entwicklung im Ordnungsverfahren sichergestellt. 3. Die Struktur des Weiterbildungssystems Das Weiterbildungsangebot im IT- Sektor war bisher durch mangelnde Transparenz aufgrund einer Vielzahl von verschiedenen Inhalten und Abschlüssen gekennzeichnet. Problematisch war, dass sich hinter identischen Bezeichnungen unterschiedliche Profile und Prüfungsinhalte verbergen. Zudem werden viele der angebotenen Qualifizierungsmaßnahmen am Arbeitsmarkt nicht nachgefragt. Das neue Weiterbildungssystem basiert auf dem Leitbild einer "diagonalen Karriere". Aufbauend auf einer Berufsausbildung soll dieses Weiterbildungssystem der IT- Fachkräften bzw. den Absolventen der neuen IT-Ausbildungsberufe die Möglichkeit bieten, sich in ihrem engeren Tätigkeitsfeld weiter zu qualifizieren, eventuell auch das Fachgebiet zu wechseln und sich in anderen Feldern ebenfalls als Spezialist zu etablieren (horizontale Kompetenzentwicklung). Durch diese Art der Weiterqualifizierung soll Beschäftigungsfähigkeit in sich dynamisch verändernden Unternehmen gesichert sowie die Mobilität am Arbeitsmarkt gefördert werden. Daneben besteht die Möglichkeit Weiterbildung für die Karriere und den Aufstieg im Unternehmen zu nutzen. Hierzu wurden bei der Strukturierung drei unterschiedliche, hierarchische Ebenen bzw. Karrierestufen vorgesehen. Beide Fortbildungswege sind in diesem System organisch miteinander verbunden, so dass niemand bei einem Übergang von einem Profil bzw. einer Ebene zur anderen bereits erworbene Kompetenzen wiederholt unter Beweis stellen muss. Das neue IT- Weiterbildungssystem ermöglicht aufbauend auf den Facharbeiterabschluss eine systematische berufliche Qualifizierung auf drei Ebenen. Die aufeinander aufbauenden Qualifikationsstrukturen und Inhalte sind weitgehend vergleichbar mit den konsekutiv gestalteter Studiengängen im Bereich der Informatik. Auf diese Weise soll eine Brücke zwischen beruflicher Weiterbildung und Studium im IT- Bereich geschlagen werden. Spezialisten Auf der ersten Ebene bzw. Karrierestufe wurden insgesamt 29 Spezialisten-Profile in 6 Funktionsgruppen definiert. Die gewählten Bezeichnungen orientieren sich an den Tätigkeitsschwerpunkten:
Der IT- Prozess beschreibt auf allgemeiner Ebene die Entwicklung und Anwendung von IT-Produkten. In den einzelnen Prozessschritten sind neben den kennzeichnenden Tätigkeiten der Spezialistenprofile auch gemeinsame Funktionen, Schnittstellen und Übergänge zu den anderen Profilen leicht erkennbar. Als Modell bietet der IT- Prozess Unterstützung für Unternehmen sowie für die Fachkräfte selbst, angemessene und beschäftigungsadäquate Spezialistenprofile zu identifizieren. Die Beteiligten haben sich darauf verständigt, die Spezialistenprofile jährlich zu überprüfen und ggf. zu aktualisieren. Denn Experten gehen davon auf, dass sich zukünftig noch weitere Profile am Arbeitsmarkt herausbilden werden. Die einzelnen Wirtschaftsbranchen haben die Möglichkeit ihren Spezialistenbedarf in die weitere Entwicklung des IT-Weiterbildungssystems einzubringen. Die Karrierestufe der Spezialisten kann in der Regel nicht mit abgeschlossener Berufsausbildung erreicht werden. Die Spezialistenqualifizierung soll die Berufsausbildung erweitern und vertiefen sowie als Quereinstieg für berufserfahrene Praktiker dienen. In den genannten Bereichen werden IT-Fachkräften damit vielfältige Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung und Spezialisierung geboten. Die Spezialistenweiterbildung wird beim Übergang in die Professionalebene voll anerkannt, um einen breiten Zugang zur IT- Weiterbildung für Unternehmen und Arbeitnehmer sowie auch Arbeitsuchende zu gewährleisten. Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung erfordert eine angemessene Überprüfung der im Prozess der Arbeit erworbenen Kompetenzen. Daher endet die erfolgreiche Weiterbildung zum Spezialisten nicht mit einem öffentlich-rechtlichen Abschluss, sondern wird durch ein Zertifizierungsverfahren im privatwirtschaftlichem Bereich, welches eine Qualifikationsfeststellung entlang der Arbeitsprozesskette ermöglicht, bescheinigt. Die Zertifizierung selbst erfolgt auf der Basis festgelegter Inhalte und erbrachter Leistungen. Dem Teilnehmer wird durch ein Zertifikat die Übereinstimmung seiner Kompetenz mit festgelegten Normen und Kriterien des jeweiligen IT- Spezialistenprofils bestätigt. Ein Zertifizierungsverfahren auf der Ebene der Spezialisten hat für die Betriebe, Bildungsträger sowie die Weiterbildungsteilnehmer den Vorteil, dass eine Einheit zwischen betrieblicher Leistungserbringung, Qualifizierung und dem Qualifikationsnachweis geschaffen und eine höhere Flexibilität bei der Durchführung erzielt wird. Qualitätssichernde Zertifizierungsverfahren sollen Arbeitnehmern und Arbeitgebern eine verlässliche Orientierung und eine hohe Transparenz über die Weiter-bildungsangebote im IT-Bereich ermöglichen. Darüber hinaus sollen diese Verfahren die Vergleichbarkeit von Qualifikationen sichern und zu einer verbesserten Karriereförderung und Mobilität von Arbeitnehmern auch innerhalb der EU beitragen. Die branchenweite Anerkennung der Spezialistenabschlüsse wird im privatrechtlichen Bereich über ein Personalzertifizierungsverfahren gemäß den geltenden EN- und ISO-Normen geregelt. Eine von der Trägergemeinschaft für Akkreditierung (TGA) akkreditierte Personalzertifizierungsstelle stellt eine Konformitätsbescheinigung über die Beherrschung profiltypischer Arbeitsprozesse und profilprägender Kompetenzfelder aus. Im gesetzlich nicht geregelten Bereich dienen Akkreditierungsstellen zur Schaffung von Vertrauen in die Prüf- und Zertifizierungstätigkeit zwischen dem Anbieter von Produkten oder Dienstleistungen und dem Kunden auf der Basis europäischer Normen. Im Dezember 2002 gründeten die IT-Sozialpartner gemeinsam mit der Fraunhofer Gesellschaft und der Gesellschaft für Informatik GI den Zertifizierungsverein Cert-IT. Cert-IT wird die IT-Personalzertifizierung für die 29 Spezialistenprofile im Rahmen des neuen IT-Weiterbildungssystems bundesweit sicherstellen und ist voraussichtlich ab Juli 2003 geschäftsfähig. Professionals Mit den Operativen- und Strategischen Professionals wurden zwei weitere Ebenen bzw. Karrierestufen innerhalb des neuen IT- Weiterbildungssystems geschaffen. Operative Professionals Die vier Operative Professionals sind über der Ebene der Spezialisten angeordnet.
Gegenstand der staatlichen Abschlussprüfungen sind Arbeits- und Geschäftsprozesse. Dadurch wird eine arbeitsprozessorientierte Qualifizierung und Prüfung ermöglicht. Strategische Professionals Auf der höchsten Karriereebene sind mit den Strategischen Professionals zwei weitere Fortbildungsberufe angeordnet.
Die Weiterbildungsprofile der Professionals sind so ausgelegt, dass mindestens auf diesen beiden Ebenen eine Vergleichbarkeit mit Studienabschlüssen wie Bachelor oder Master gegeben ist. Berufliche Kompetenzen und Weiterbildungsleistungen von Berufspraktikern sollen so auch von Fachhochschulen und Hochschulen anerkannt werden. z.B. Nach einem Abschluss als Operativer Professional sollten diese die Möglichkeit erhalten, ein berufsbegleitendes Masterstudium der Informatik aufzunehmen. Um die Äquivalenz der beruflichen Weiterbildung im Rahmen des neuen IT- Weiterbildungssystems festzustellen, bietet sich eine Orientierung an den Leistungspunktesystemen der Hochschulen an. Rechtliche Regelung Die Weiterbildungsabschlüsse für die operativen und strategischen Professionals werden nach Berufsbildungsgesetz als bundeseinheitliche Rechtsverordnung staatlich geregelt. Dies unterstützt auch die europaweite Anerkennung und die Vergleichbarkeit mit Hochschulabschlüssen. Die Weiterbildung wird mit einer Prüfung vor einem Prüfungsausschuss der Kammer abgeschlossen. 4. Umsetzung des neuen IT- Weiterbildungssystems: Das Konzept "Arbeitsprozessorientierte Weiterbildung" Viele Unternehmen reagierten bisher auf veränderte Qualifikationsanforderungen durch immer kürzer werdende Innovationszyklen in der IT- Branche mit der Intensivierung von Weiterbildung in Form von Schulungen. Damit sind jedoch hohe Streuverluste und mangelnde Verwertungsmöglichkeiten u.a. durch Praxisferne, mangelnde Aktualität, unzureichende Entwicklung von Selbstlernfähigkeiten etc. verbunden. Das Fraunhofer ISST entwickelte für die Umsetzung des neuen IT- Weiterbildungssystems ein Konzept, das es ermöglicht, Kompetenzen unmittelbar im Arbeitsprozess zu erwerben und somit Lernen und Arbeiten eng miteinander verbindet. Der Arbeitsprozess definiert die relevanten Tätigkeiten, aus denen die Lernziele und Lerninhalte abgeleitet werden. APO ermöglicht eine "Entschulung" der Weiterbildung zugunsten der Teilnehmer aus der Praxis und bessere Unterstützung des Qualifikationsziels, denn am Ende der Weiterbildung soll eine erweiterte Beherrschung realer Prozesse erreicht sein. Durch die Weiterbildung im Arbeitsprozess ist es möglich, größtenteils unbewusst in der Arbeit ablaufende Lernprozesse zu ordnen, zu verbessern und transparent werden zu lassen. Dies hat den Vorteil, dass die Fachleute durch ihre Arbeit erzielte Lernerfolgte bestätigt bekommen. Umsetzung Durch die Neuordnung der IT- Berufe durch das BIBB ist es möglich weiterbildungsrelevante Arbeitsprozesse auf Grundlage einheitlicher Tätigkeitsbeschreibungen zu definieren. In Zusammenhang mit dem APO-Lernkonzept hat das ISST die Aufgabe für die einzelnen Weiterbildungsprofile Umsetzungshandreichungen zu entwickeln, in denen die profilspezifischen Referenzprozesse beschrieben sind. In enger Kooperation mit IT- Unternehmen und durch den Abgleich mit realen Projekten wurden allgemeingültige Beschreibungen gefunden. Der Ablauf einzelner Arbeitsschritte wurde in sogenannten Ereignis-Prozessketten dokumentiert. Die abstrakte Beschreibung der Abläufe gewährleistet eine Unabhängigkeit von den kurzen Innovationszyklen. Das Ergebnis eines Prozesses, der mehrmals durchlaufen wird, ist ein sogenannten Referenzprojekt. In den Referenzprojekten werden für die Berufsprofile idealtypische Arbeitsprozesse abstrakt dargestellt und verbindliche Qualifikationsziele festgelegt. Durch die Ableitung der Referenzprozesse aus realen Projekten, ihre strenge Formalisierung und die Darstellung in Form von Ablaufdiagrammen werden anschauliche, gut handhabbare, normierte Curricula geschaffen. Diese Curricula stellen einen branchenweit anerkannten Leistungsstandard dar. Die Offenheit und Neutralität der Referenzprojekte ermöglicht es Unternehmen und Bildungsträgern dazu vielfältig Transferprojekte für ihre Qualifizierung auszuwählen. Die Referenzprojekte sind der Maßstab für die realen Projekte, anhand derer die Teilnehmer ihre Weiterbildung durchführen. Das sogenannte Transferprojekt muss eine hinreichende Ähnlichkeit mit dem Referenzprojekt haben, um für die Weiterbildung anerkannt zu werden. In Zukunft soll es für jedes Profil entsprechend dokumentierte Referenzprojekte mit ihren Teilprozessen geben, die als Vorgaben für die Umsetzung der Qualifikation verbindlich sind. Teilnehmer einer APO- Weiterbildung erarbeiten sich die Prozesse eines Transferprojekts selbständig, beschaffen sich Informationen, eignen sich notwendiges Fachwissen an und dokumentieren ihre Arbeit. Die Teilnehmer werden in ihrem Lernprozess sowohl in der Vorbereitung als auch in der Durchführung der Projektabschnitte durch ein persönliches Coaching und eine fachliche Beratung durch erfahrende Kollegen oder andere Fachexperten unterstützt. Der Coach hat die Aufgabe, die Entwicklung des Teilnehmers, das Lernen aus Erfahrungen und die Steuerung von Selbstlernprozessen zu unterstützen. In regelmäßigen Reflexionsgesprächen wertet der Teilnehmer seine Arbeit aus und wird sich des Lernertrages seiner Erfahrungen im Transferprojekt bewusst. Experten stehen dien Teilnehmern arbeitsprozessorientierter Weiterbildung als Ansprechpartner bei Fachfragen zur Verfügung. Die verpflichtende Dokumentation der Arbeit erfolgt nach festgelegten Kriterien, damit die Bewältigung aller relevanten Arbeitsprozesse einschließlich den Erwerb fachlicher und außerfachliche Kompetenzen eines bestimmten Profils überprüft werden kann. 5. Vorteile des neuen IT- Weiterbildungssystems
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